28 Feb Die 7 Leben von Lisa K

Eines Praktikum-morgens fragte Norleon mich, ob ich lieber ein Menschenleben oder sieben Katzenleben hätte. Ich habe mich für die sieben Katzenleben entschieden. Weil ich dann die verschiedensten Leben zu den verschiedensten Zeiten durchlaufe könnte. Zum Beispiel könnte ich eine edle Nacktkatze aus dem alten Ägypten sein, die in der Sonne herum schnurrt. Oder eine coole Gangster Katze aus der Großstadt, die sich hinter den Mülltonnen mit ihren Freunden trifft. Oder ich könnte einfach nur ein gemütliches Katzenleben führen, so wie Sammy es tut. Der Produktions-Kater holt sich hier drinnen von den Praktikanten seine Streicheleinheiten ab, jagt draußen ab und zu ein paar Mäuse und Vögel, aber die meiste Zeit liegt er neben den Bildschirmen und schaut den Menschen beim Schneiden zu. 

Bei meiner Entscheidung gibt es allerdings ein Problem: Sie wurde schnell getroffen aber nicht wirklich durchdacht. Denn wenn ich mich für die Katzenleben entscheide, was passiert mit den ganzen verschiedenen Erfahrungen, die ich am Ende der sieben Leben gesammelt habe? Weiß ich in jedem Katzenleben davon? Oder leide ich dann einfach siebenmal unter Alzheimer?

Sieben Mal ein Katzenleben?

Wenn das so ist, werde ich bei jedem Tod, jede Erinnerung an das Leben vergessen. Dadurch werde ich dann im Endeffekt doch immer nur ein Leben führen. Ich sammel also keinerlei Erfahrungen, die mein Leben bereichern. Abgesehen davon, stellt sich die Frage, an was sich Katzen generell überhaupt in ihrem jetzigen Leben erinnern. Vielleicht können sie sich ja nicht einmal daran erinnern, was sie letzte Woche so getrieben haben. Vielleicht ist ein Katzenleben doch nicht so toll.

Eigentlich wird das Leben doch gerade durch unsere bewussten Erinnerungen so lebenswert. Welche, die man am besten noch teilt, über die man spricht oder die man sich einfach nur durch den Kopf gehen lässt. Außerdem sucht man doch auch immer ein wenig nach neuen Erfahrungen, weil es das ist, was das Leben interessant hält. Aber diese kann man erst realisieren, wenn man sich an die alten überhaupt erinnert.

Aber wie wäre es denn, stattdessen einfach sieben Menschenleben zu führen?

Sieben Mal der helle Schein!

Gehen wir mal davon aus, dass ein Mensch 80 Jahre lebt. Die ersten 12 Jahre davon ist man Kind. Danach hätte man noch sechs weitere Male, ein völlig anderes Leben zu leben. Zuerst könnte man lernen, zum Beispiel das Leben, die Liebe und das Feiern. Dann wird man Student der Naturwissenschaften und ein reisender Forscher. Danach könnte man vielleicht in den Süden gehen, unter den Sternen schlafen und von Straßenkunst und Musik leben. Oder man könnte sich 12 Jahre in der Wirtschaft tummeln und in Aktien investieren. Man könnte sein Leben planen, oder in den Tag hinein leben, bunt oder schlicht, langsam oder schnell, als Einzelgänger oder sehr sozialer Mensch. Wenn man sich traut, könnte man am Ende seines Lebens viele Leben gelebt haben und sich sogar noch daran erinnern.

Ich bin jetzt gerade in meinen zweiten zwölf Jahren. Eigentlich hab ich richtig Bock darauf, schon in dieser Phase sieben Leben zu leben. Aber danach hat Norleon ja nicht gefragt. Und eigentlich will ich auch gar nicht wirklich verraten, was ich so alles lieben würde zu tun. Aber natürlich werde ich eines Tages Filme darüber machen. Denn dafür bin ich ja schließlich hier bei GRAFF.FF.