17 Jan I’m watching „YOU“ – GRAFF.FF Serien Junkies 1

In den nächsten Wochen betreiben wir ein bisschen Werbung für Serien. Diesmal nicht unsere eigenen, sondern die, die wir privat und völlig freiwillig gucken. Den Anfang machen wir diese Woche mit der Netflix-Serie „You“, von der inzwischen eine zweite Staffel läuft. Maike, Julia und Norleon aus unserer Filmproduktion haben eine richtige Vorliebe für die Serie entwickelt und erklären warum.

Maike:

Ich habe gerade die Serie “YOU – Du wirst mich lieben” fertig geschaut.

Wie eine Stalker Serie mich verfolgte

Vor ungefähr einem Jahr fing ich bereits mit der 1. Staffel an, verlor nach ein paar Folgen jedoch das Interesse. Als vor ein paar Wochen dann die 2. Staffel herauskam, explodierte das Internet förmlich und ich entschied mich, der Stalker-Serie noch eine Chance zu geben. Ich muss ja mitreden können.

Ich machte also da weiter, wo ich einst aufhörte, und als die erste Staffel auf ihr Ende zuging, war ich plötzlich wieder sowas von gefangen. Ungefähr so wie die Frauen bei Joe … Aber ich will nichts verraten. Nur so viel: Folge für Folge wurde es besser und spannender. Ich hab beinahe den “Nächste Folge” Knopf kaputt gedrückt.

Darf ich es überhaupt gut finden..?

Die Thematik der Serie ist tatsächlich sehr umstritten. Zurecht meiner Meinung nach. “YOU” romantisiert Stalker und ihre kranken Taten aus vermeintlicher Liebe. Es wird sicher gegangen, dass Joe, unser Protagonist und Neuzeit-Stalker, trotz furchtbarer Taten stets Sympathieträger bleibt, und das stößt verständlicherweise auf viel Kritik und kann schnell triggern.

Ja, darf ich!

Trotz des heiklen Themas, vor den Autoren zieh ich den Hut ab. Nicht viele Serien schaffen es, ihre Zuschauer, und besonders mich, auf so eine Achterbahnfahrt der Gefühle zu schicken. Zwischenzeitlich wollte ich wirklich meinen Laptop aus dem Fenster schmeißen … und mich direkt hinterher. Es ist einfach die perfekte Mischung aus Romanze und Thriller. Ich bin nun wirklich keine Romantikerin, aber ja, selbst ich hing am Haken. Vielleicht lag das aber auch einfach nur an den perfekt eingesetzten Cliffhangern am Ende jeder Folge.

Dran bleiben lohnt sich

Also, ich kann nur empfehlen, kämpft euch durch die ersten Folgen und lasst euch von der 2. Staffel umhauen.

Kleiner Tipp: Lasst eure Fingernägel wachsen, damit ihr sie für die 2. Staffel ab Folge 8 bereit habt zum Knabbern. Popcorn tut es aber auch.

PS: Guck mal hinter dir!

Norleon:

Wenn der amerikanische Präsident behauptet, er könne jemanden erschießen und käme damit durch, warum nicht den Nachweis führen, dass das tatsächlich möglich ist. Bei der Serie „You“ beschränkt sich das Wissen allerdings auf die Zuschauer. Die Mitspieler ahnen nichts von dem, was Joe Goldberg so treibt, um die Frau seines Herzens zu erobern. Und es ist erschreckend, wie lange man als Beobachter wünscht, dass er tatsächlich damit durchkommt. Wer also fassungslos auf Trump-Anhänger schaut, die sich sämtliche Skandale ihres Idols schönreden, hier geht man einem selbst auf den Leim. Deshalb allein schon ist die Serie am Puls der Zeit.

Wieso funktioniert das?

Dass das Verhalten von Joe Goldberg inakzeptabel ist, wird schon sehr schnell klar in der Serie. Jeder weiß, dass man niemanden heimlich beobachten darf, der einem nichts Böses getan hat. Und das ist nur das erste von vielen Vergehen. Für Sympathiepunkte gibt es also gar keine Veranlassung, wenn der Hauptakteur mit sehr zweifelhaften Methoden zum Herzensbrecher wird. Warum sammelt er trotzdem so viele?

Das Land der Outlaws

Amerikanische Filme und Serien sind meist wunderbar konsequent, wenn es darum geht, den Zuschauer für eine unmoralische Sache einzunehmen. Bei „Breaking Bad“ wechselt man dabei ständig die Seiten, bei „You“ bleibt man, wie schon bei Hitchcocks „Rear Window“, dem Protagonisten treu. Hitchcock sperrt dafür den Zuschauer zusammen mit einem gehunfähigen James Stewart in ein Apartment. Auch der Zuschauer kann also gar nichts anderes tun, als zu hoffen, dass endlich mal einer ein Fernglas nimmt und anderen Leuten in die Wohnung schaut. Und am Ende ist man sogar auf der moralisch guten Seite. So kann man sich bei „You“ allerdings nicht herausreden.

Dieses ständige Säuseln

Nein, Maike, Julia und ich, wir haben uns mit einem Teufel im Schafspelz verbunden. Und wir haben es die ganze Zeit gewusst. Joe Goldberg hat es uns mit seiner einnehmenden Stimme jede Filmminute direkt ins Ohr gesäuselt. Zu keiner Zeit macht er einen Hehl aus seinen Taten. Seine Beweggründe werden haarklein erläutert. Wir sind von der ersten Minute an Komplizen und es ist erschreckend, wie spät wir zur guten Seite wechseln. Dann kommt die zweite Staffel. Und was passiert? Wieder dieses Säuseln. Wieder sind wir Komplizen. Als ob das Böse so vergänglich ist. Haben wir nichts gelernt?

Der Film und das Ei

Es ist wunderbar, wenn Filme sein können, wie sie wollen. Wenn nicht diskutiert werden muss, ob sie Menschengruppen benachteiligen. Wenn sich einfach nur herausstellt, dass wir selbst nicht so ohne sind. Parteiisch, ungerecht und unterhaltungssüchtig. Deshalb ist die Welt so wie sie ist. Nicht weil es uns die Filme zeigen. Anders als bei der Henne und dem Ei ist hier klar, der Mensch war vor der Serie da.

Julia:

Mitten in den Vorbereitungen für meine Bachelor-Arbeit hat mich das Fieber für die zweite Staffel von „You“ erwischt. Ich musste also nicht nur ein schlechtes Gewissen haben, dass ich einen Typen wie Joe Goldberg sympathisch fand. Nein, ich musste mir auch noch eine Rechtfertigung überlegen, warum ich Filme konsumiere, statt welche zu konzipieren. Da helfen keine Beispiele von Hennen und Eiern. Es ist eindeutig klar: Die Arbeit kommt normalerweise vor dem Vergnügen.

Also musste ich mir Folge für Folge einreden, wie sinnvoll die Beschäftigung mit „You“ für die Arbeit mit meinem eigenen Film ist. Und das ist sie natürlich. Ich könnte das sogar an lauter Beispielen belegen. Aber ich will ja nicht spoilern. Doch ich kann zumindest behaupten, dass die Machart der Serie mit dem äußerst intensiven Off-Ton einige Nachfolger haben wird. Vielleicht sogar mein eigener Film.

Filme der Woche

Bei GRAFF.FF haben wir ein paar Filme gefunden, die tatsächlich etwas mit „You“ gemeinsam haben. Unser Tagebuch eines Tintenfischs wird mit der Off-Stimme einer jungen Frau nacherzählt, die auch ein bisschen stalkt. In Moment mal verschaffen sich gleich mehrere einen unmoralischen Vorteil anderen gegenüber. In unserem Film Schweine zeigen wir dass es auch sehr folgenreich sein kann, wenn Frauen durchs Fernrohr schauen. Futterneid beweist, dass man auch einfach nur zufällig andere beobachten kann. Wenn man dann aber doch böse handelt, ist man auch böse?

Viel Spaß und bis nächste Woche. Und wir spoilern natürlich nicht, über welche Serie wir dann schreiben. Bis dahin

Eure Maike, Julia und Norleon