20 Apr Papier, Kultur, Nachhaltigkeit

Baum in Homberg / Efze

Mein Freund der Baum: Noch nicht tot – Die vielen Schritte bis zum Papier

Wir bei GRAFF.FF sind eine Filmproduktion und Papier ist eigentlich nicht unsere Sache. Wir machen Filme. Wir sorgen sozusagen dafür, dass Zuschauer mehr Informationen mit bewegten Bildern aufnehmen statt langwierig lesen zu müssen. Und das, was wir hier in unserem Blog schreiben, ist auch äußerst Ressourcen schonend. Kein Baum muss sein Leben dafür lassen. Warum wir uns also trotzdem mit Papier beschäftigen? Wenn Online-Portale, informative Filme und gekonnte Buchverfilmungen weniger Gedrucktes nötig machen, warum dann nicht hochwertiger drucken. In dieser Woche geht es uns also um die Nachhaltigkeit von Papier, eines der ältesten Kulturwerkzeuge und Informationsträger der Menschheit.

Schnell-schnell / billig-billig

In der letzten Woche sagten wir ein paar allgemeine Dinge zur Visitenkarte.  Eine Visitenkarte besteht aus Papier. Zumindest theoretisch und zumindest ursprünglich. Viele moderne Visitenkarten ähneln aber eher einer Plastikkarte. Ein ungewöhnliches Druckverfahren, auffälliges Design und eine spezielle Haptik, heute ist unglaublich viel möglich. Und die Preise sind absolut erschwinglich. Nachhaltig sind die meisten günstigen Angebote aber aus verschiedenen Gründen nicht.

Eine kurze Internetrecherche wird Ihnen zeigen, dass Sie für eine Visitenkarte nicht viel anlegen müssen. Online-Anbieter fertigen Ihnen eine kleinen Auftrag von wenigen hundert Exemplaren schon ab 10 Euro an. Produziert wird dann oft im osteuropäischen Ausland. Da ist der regionale Aspekt schon mal ganz weit außen vor – und Sie müssen zugeben, Sie kennen sich mit den Umweltvorschriften in Land XY nicht so gut aus, dass Sie automatisch davon ausgehen dürfen, dass dort sauber produziert wird. Von den Rechten der ArbeitnehmerInnen mal ganz zu schweigen. Sie wollen vielleicht deshalb lieber in Deutschland produzieren lassen, weil Sie hier die Produktionsbedingungen zumindest kennen könnten. Trotzdem kann eine günstige Kleinproduktion – zum Test oder weil es schnell gehen muss – Vorteile haben und Sie kommen nicht in die Hölle, wenn Sie zugreifen… Sich aber voll und ganz bei Werbung und Präsentation an Niedrigpreisangebote zu halten und immer schnell-schnell / billig-billig zu produzieren, macht das Spaß? – und wie sieht das eigentlich für den Kunden aus?

Problematisch

Schon die Produktion von Papier aus Holz ist aus vielen Gründen problematisch – die Laminierung ist weitaus problematischer. Aber bleiben wir beim Holz: Schnellwachsendes Nadelholz ist für Papier nicht geeignet, es enthält zu viel Harz. Benötigt werden also Laubhölzer, die in Deutschland viel zu selten sind. Fichtenforste in Reih und Glied sind das, was wir aufgrund des häufigen Vorkommens, oft mit „Wald“ verwechseln. Wir erzeugen dort ein minderwertiges Holz, das immerhin schnell nachwächst. Papier wird daraus jedenfalls keines gemacht. Für unser Papier werden daher Waldressourcen in Zellulose verwandelt, die nicht in dem Tempo nachwachsen können, in dem sie verbraucht werden. Die Papierherstellung mit Holz ist weit anspruchsvoller als mit anderen Materialien. Der Holzstoff Lignin muss auf komplizierte Art herausgelöst werden. Das ist sehr umweltintensiv und braucht zumindest ein sehr gutes Klärsystem.

Wir könnten grundsätzlich loslegen

Jegliche Art der Papierherstellung, egal aus welchem Material, ist mit einem großen Wasserverbrauch verbunden und im Endeffekt wird nicht nur Papier erzeugt, sondern auch sehr große Mengen verschmutztes Wasser. Ich las von Strohpapierwerken in China, die geschlossen wurden, weil sie ganze Landstriche verseucht hatten. Die Papierherstellung weltweit wurde in tausenden Jahren unserer Kultur regional unterschiedlich betrieben. In Europa verwendeten wir Lumpen, um Leinenpapier herzustellen. Im asiatischen Raum war Bambus das Material, im Halbmond das berühmte Papyros, ein Schilf. Der Wasserverbrauch und die Belastung der Umwelt ist bei jedem Verfahren gegeben – mehr oder weniger. Nur war der Papierverbrauch in den früheren Jahrtausenden unserer Zivilisation weit weniger groß und die Umwelt noch nicht so sehr vergiftet, sodass die Natur die Belastungen abfedern konnte. Darauf können wir uns heute nicht mehr verlassen. Wir haben jedoch fortschrittliche Klärtechniken entwickelt und könnten grundsätzlich loslegen, verschiedenes Material in Papier zu verwandeln – Material, das rascher nachwächst als ein Urwald und möglichst regional erzeugt wird. Geht das?

Bergische Heuwiesen

Bei meiner Recherche zu nachhaltigem Papier begegnete ich den üblichen Verdächtigen aus Bambus und Recycling-Papier. Das sind jeweils gute Alternativen zur reinen Holzzellulose. Bambus ist ein Gras, das sensationell schnell nachwächst und ein hochwertiges Papier ergibt. Empfehlenswert! Aber auch hiesiges Gras lässt sich zu Papier verarbeiten. Ich ließ mir Muster der Firma Creapaper GmbH (Externer Link) aus Hennef zusenden, die Papier aus Heu von bergischen Wiesen erzeugen. Das Papier duftet sogar leicht nach Heuwiesen und ist mit verschiedenen Beimischungen aus Holzzellulose erhältlich. So ein Konzept nenne ich nachhaltig – auch, weil es auf Rohstoffe aus der Region setzt. Aus Dresden bekam ich eine Probe Baumwollpapier, bei dem Abfälle bei der Kleiderproduktion Verwendung finden und Bierpapier, wo neben „Abfällen“ aus der Bierproduktion auch ein guter Schluck Helles oder Dunkles hinzugegeben wird – ein Papier für Genießer also. Beide Papiere haben eine angenehm weiche Haptik. Der Anbieter setzt hier aber nicht auf Nachhaltigkeit, sondern vielmehr auf Exlusivität. Beim selben Anbieter erhalte ich auch Visitenkarten aus einem dünnen Holzfurnier. Das sind kleine Kunstwerke – die aber trotzdem mit dem Nachhaltigkeitsgedanken spielen!

Schade: Hanf = verboten. Frevel an Lenz, Böll, Mann, Hesse, Brecht uvm.

Bücher aus den Jahren vor 1930 finden sich oft in einem bemerkenswert guten Zustand – im Gegensatz zu weit jüngeren Büchern, die von 1950 bis heute produziert wurden. Ein bis in die 1940er Jahre vielseitig verwendeter Rohstoff wurde vollständig verboten, das Hanf. Unsere Regierenden haben das vielleicht gut gemeint, aber in der Tat kam uns damit ein wertvolles Material abhanden, aus dem wir bis dahin fast alles Notwendige für den täglichen Gebrauch herstellen konnten. Auch Papier. Leute, die ihre neugierigen Nasen in Bücherschränke stecken oder in Antiquariaten abhängen, werden wissen, wovon ich spreche, wenn ich behaupte, dass Papier aus Hanf viel hochwertiger ist, als die meisten verwendeten Papiere der Nachkriegszeit. Holzpapier bröselt und zerfällt – und damit auch die Klassiker der Nachkriegsliteratur – wohingegen die geistigen Leistungen der Vorjahre quasi unerschütterlich dem Zahn der Zeit trotzen. Welch ein Frevel an Lenz, Böll, Mann, Hesse, Brecht, den Versuchskaninchen des Holzpapiers. Ihre Werke zerfallen zusehends. Schade! Ich glaube, dass es nicht nur mir so vorkommt, als hätte man Hanf nicht durch Holz hätte ersetzen müssen. Das war unvernünftig und nicht nachhaltig.

Papier Praxis – Quicktipps

Zurück zur Praxis: Das Geheimnis von nachhaltigem Papier ist die Schonung von Ressourcen und ein möglichst regionales und faires Konzept. Jede und jeder kann sich dazu Gedanken machen und entsprechende Entscheidungen treffen.

Ein paar Quicktipps zum Umgang mit Papier:

1. Blaue Tonne: Papierrecycling funktioniert in Deutschland sehr gut (Glas auch) – einfach mitmachen!

2. Recycling-Papier kaufen. Logisch! Die Qualität ist mittlerweile sehr gut.

3. Toilettenpapier: Kaufen Sie keines mit Aufdruck. Denken Sie immer daran, dass da, wo Sie es meist anwenden, Sie gar keine Augen haben. Die Umweltbelastung durch Druckfarben ist immens und in dem Fall unnötig.

4. Küchentücher: Wenn es geht, nehmen Sie waschbare Tücher oder Lumpen. Kaufen Sie Recyclingprodukte ohne Aufdruck.

5. Weniger Papier verbrauchen. Es gibt unzählige Einsparmöglichkeiten für jeden. Sie werden selbst wissen, welche das sind.

6. Keine Werbung! Ein Aufkleber am Briefkasten spart Ärger und Müll und ist ein Statement.

7. Verwenden Sie Jutetaschen statt Papiertüten! Die sind viel länger haltbar und werden zum Teil fair in der BRD erzeugt.

8. Machen Sie Werbung ganz ohne Papier! Zum Beispiel mit einem Film über Ihr Unternehmen, Ihr Produkt und Ihre Dienstleistung.

9. Immer „Zum hier essen“ im Fastfoodrestaurant.

10. Machen Sie sich schlau. Denken Sie nachhaltig. Zeigen Sie Wertschätzung.

Filme der Woche

In unseren Filmen der Woche widmen wir uns dem Themenbereich Buch, Baum, Natur und Papier auf unverwechselbare Videopostkarten.de – Weise. Ein Buch: Ist das etwas Neues für Sie? Dann leben Sie vielleicht in einer vollkommen digitalisierten Welt. Sotiria Locoupoulos aka Rula, die derzeit  auch auf ARD ONE in „Verbotene Liebe“ wiederholt wird, sucht und findet die Liebe in einem BuchIn „Kraft wie Heu“ sehen wir durchtrainierte Kerle um eine anspruchsvolle Dame in Oberscheid werben – Heu, das auch in Hennef zu Papier verarbeitet werden könnte. Es wurde jedenfalls mit sehr viel Leidenschaft und besten Absichten auf den Wagen gehoben. Und, wir machen den ganz großen Bogen – unser prominentester Baum in Köln, der Baum der Kinderherzen ist ein Symbol der Hoffnung und des Lebens – und das nicht nur zur Weihnachten. Der beste Grund, sich mit Nachhaltigkeit zu befassen: Die Kinder dieser Welt. Wer aus diesem Video keinen Mut schöpft, Nachhaltigkeit zu leben, der, … der wirft bestimmt auch Bücher weg (und frisst kleine Kinder.)