Die fünfte Jahreszeit

02 Feb Kurze Anleitung für den Kölner Karneval

Die fünfte Jahreszeit

Tanze, Bütze, lustig sein

Wir haben z.Zt drei Praktikantinnen, die kommen nicht aus Köln. Catalina kommt aus Kolumbien, sie wohnte vorher ein Jahr in Berlin. Tamar ist seit dieser Woche bei uns. Sie kommt ursprünglich aus Georgien und wohnt im Umland. Erika wohnt zwar schon seit fast zwei Jahren in Köln – den Karneval hat sie aber, sagt sie, noch nicht richtig mitgekriegt. Dieser Blog soll ihnen und anderen Newbies helfen, die kommenden Tage zu überstehen.

Funkemariechen und volltrunkene Frösche

Karneval in Köln –da hat jeder sein eigenes Bild vor Augen. Meistens kommt in dem Bild ein Funkenmariechen vor und der große Kölner Rosenmontagszug. Ich hab ein anderes Bild vor Augen: Die verschleimte Zülpicherstraße an einem Karnevalssonntagmorgen. Ich sehe auch genau vor mir: Einen Karnevalsjecken, der mit der Bundesbahn versucht, aus der Stadt zu kommen, aber in seinem Erbrochenen mitten im Bahnhof stecken und  liegen bleibt… Es sind nicht nur Bilder von den Veedels- und Schulzügen, Kindern, die Kamelle fangen und geleckte Unifomierte auf Pferden und Wagen – es sind gerade die Bilder von den gestrandeten Piraten, abgestürzten Prinzessinnen, gestrauchelten Gendarmen und Piloten, von den ungeküssten, volltrunkenen Fröschen, die sich mir im Lauf der Zeit, in der ich in der Domstadt wohne, eingeprägt haben. Es sind die Berge von Flaschen, Müll, Pipi und Kotze, die in Erinnerung bleiben. Nach den tollen Tagen sieht unsere Stadt aus, als wäre eine Mülllawine über sie gegangen.

Nichts für schwache Nerven

Der Kölner Karneval ist nichts für schwache Nerven oder verklemmte Persönlichkeiten. Man sollte wissen,  was auf da auf einen zurollt, sonst kann die Veranstaltung schockierend wirken. Um unseren frisch immigrierten Praktikantinnen ein paar Tipps zu geben, wie sie es schaffen, die kommenden Tage gut zu überstehen, zuerst ein paar Tipps, was man sehen sollte:

  1. Die Südstadt: Sambagruppen und fröhliche Feiernde ziehen durch das Severinstor. Die Südstadt ist im Karnevalsrausch. Auf den Straßen wird getanzt, in jeder Kneipe geht die Post ab.
  2. Der Geisterzug: Diese ursprünglichste aller Kölner Karnevalsveranstaltungen zieht auch Akteure der Subkulturen an. Hier ist jeder dabei, der zu den coolen Leuten gehört. Es gibt Trommelgruppen und der Zug besteht aus Feiernden und ist ein unkommerzielles, locker organisiertes, fantastisches Happening. Der Geisterzug geht dieses Jahr durch das hippe Kalk, das „Ehrenfeld der rechten Rheinseite“ oder „die hässliche kleine, rechtsrheinische Schwester von Ehrenfeld“.  Los geht’s am Karnevalssamstag, für Attraktionen muss selbst gesorgt werden.
  3. Der Rosenmontagszug: Willst du für den Rest des Jahres mit fiesen Bonbons eingedeckt sein und hast du die Kondition, 5 Stunden an derselben Stelle zu stehen, solltest du dieses werbefreie Event von Weltruhm nicht verpassen. Tipp: Nicht in der Südstadt, sondern eher in der Altstadt-Nord an den Zugweg gehen und ausdauernd „Kamelle!“ „Alaaf!“ und „Strüssjer!“ rufen.
  4. Die Altstadt: Willst du 500.000 kostümierte Bergheimer und Bergisch Gladbacher im Vollrausch sehen, musst du da hin.
  5. Die Zülpicher Straße: Willst du wirklich vollkommen durchgeknallte, kostümierte Freaks im Vollrausch sehen und schlitterst du gern in Erbrochenem, dann ist das der „Place-to-be“. Zum ersten Mal wird für dieses Event 2018 Eintritt verlangt.
  6. Dein Veedel: Willst du glückliche Nachbarskinder, schunkelnde Omis in Clownkostümen und bierseelige Normalos sehen und dich in deiner neuen Nachbarschaft integrieren: Bleib zuhause und feiere Karneval in deinem Viertel, denn fast überall kommt irgendwann ein Zug vorbei.

Nun noch ein paar Verhaltenstipps für unsere Immis:

  1. Nur kostümiert ist Karneval. Hast du nicht wenigstens eine Pappnase, gehörst du nicht dazu. Aber Achtung: Ein Kostüm von der Stange hält manchmal nur einen Tag durch, je nachdem, wie hart man feiert.
  2. Zieh dich warm an: Straßenkarneval: Was warmes drunter ziehen, Kneipenkarneval: Was warmes drüber ziehen. Es ist Februar.
  3. Bleib bei deinen Leuten. Man geht schnell verloren und findet sich schwer wieder. Verabredet einen Treffpunkt für Notfälle.
  4. Übertreibs nicht: Ab und zu ein Glas Wasser, der Evergreen unter den Feiertipps. Hilft tatsächlich, länger durchzuhalten.
  5. Mach mit und freu dich darüber! Besser du findest es lustig, denn sonst hast du an sechs turbulenten Tagen keinen Spaß bei uns. Nutze die Gelegenheit, dich mit verrückten Leuten zu unterhalten, zu tanzen, zu lachen und zu küssen, wenn du magst. Das ist alles erlaubt.
  6. Nicht erlaubt ist, was nicht gefällt. Nicht umsonst heisst es in dem berühmten Lied von Marita Köllner „mir loss uns net dran fummele, mir losse keene ran“. Karneval ist keineswegs Freiwild auf den Straßen unterwegs, auch wenn mancher das vielleicht denkt. Unbeschwertes Feiern ist angesagt. Falls du belästigt wirst, lass dir das nicht gefallen und hol dir Unterstützung .

Ich hoffe wirklich, ihr habt Spaß! Nicht nur Catalina, Erika und Tamar – ich hoffe, alle haben Spaß und es wird ein gutes Karneval 2018.  Viele Kölner werden sich in ihren Wohnungen verschanzen oder aufs Land flüchten – alle anderen haben sich gefälligst zu amüsieren.

In unseren Filmen der Woche zeigen wir euch diese Woche unsere Neuerscheinung: Die Integrationslotsen des Malteser Hilfsdienstes stellen ihre Arbeit vor. Sie geben Halt und Orientierung für neue Mitbürger und erleichtern den Start in Deutschland. Ein bisschen bunt wird es mit Dunja, die für euch einige Kostümvariationen ausprobiert. Flirten an Karneval – das kann auch schiefgehen: Man weiß ja nicht, wer hinter der Maske steckt. Dann heisst es „Ach du Shrek!