21 Jul Tiere im Sommerloch

Den Fischen geht's auch bei warmem Wetter gut - trotz Sommerloch.Sommerloch ist eine sehr berühmte kleine Gemeinde bei Bad Kreuznach mit ca. 450 Einwohnern. Ein Sommerloch ist aber auch ein Ausdruck für den Zeitraum im Sommer, in dem es kaum etwas für die Presse zu berichten gibt, weshalb sie sich etwas aus den Fingern saugen oder an den Haaren herbei ziehen müssen.

Ein Sack Reis fällt um

Großes Aufsehen erregte vor einigen Jahren der von einer Praktikantin für die Münsterer Zeitung verfasste Bericht über einen zerstörten Blumenkübel in einem Seniorenheim. Der Artikel wurde von einem Journalisten über seinen Twitterkanal geteilt, dort wiederum fand er Beachtung von einem anderen Kollegen mit einer großen Zahl Follower und plötzlich war der zerstörte Blumenkübel in Münster DIE Meldung des Sommers. Vergleichbar mit „In China ist ein Sack Reis umgefallen“ – also etwas vollkommen Bedeutungsloses ist passiert. Die Leute hatten ihren Spass mit dem Blumenkübel und posteten den Artikel immer weiter, bis dieser international Beachtung fand.

Zeit für Niedliches und Nicht-Weltbewegendes

Hochsaison hat im medialen Sommerloch das Tier. Vor allem das ausgebüchste Tier. So füllen sich die Zeitungsspalten mit entlaufenen Känguruhs, Schnappschildkröten, Krokodilen in Badeseen, Problembären im Grenzgebiet oder Kühen, die dem Schlachter durch wochenlanges Verstecken im Wald ein Schnippchen schlagen. Sehr beliebt auch: Neuigkeiten von Prominenten, auch weniger bekannten, und Abgleiche deren körperlicher Merkmale in Badebekleidung. Zeit für EGAL! Zeit für Urlaub. Bei 35 Grad im Schatten in einem Büroloft vor dem Computer hocken: Wer leistet dann eigentlich noch was? Es ist Zeit für: Badesee, Waldspaziergang, frische Landluft! Viele Leute denken sich eh – wieso wohne ich überhaupt in der Stadt? Aber ach nee– Sommerzeit ist auch Gülle-Zeit. Das Land ist der Stadt manchmal eben nicht vorzuziehen.

Das Sommerloch kann man auch hochgeistig füllen. Theoretisch.

Zum Beispiel mit einem Gedicht! Die kreative Verfasserin dieses Blogs hat sich im lyrischen Genre versucht und anno 2016 ein Protestgedicht an die Telefonzelle des Örtchens gezettelt, in dem sie ihre Wochenenden verbringt. Warum? Um die zum Himmel stinkende Unsinnigkeit dieses Menschen-in-die-Stadt-treibenden-Brauchs der industriellen Landwirtschaft anzuprangern! Ein schwerer Satz. Der sagen will: Es stinkt mir! Diese geradezu protestantische Geste können wir im Luther-Jahr ja mal hervorheben. Doch was geschah? Ein unbekannter, möglicherweise katholischer „Unser-Dorf-soll-sauber-bleiben“ Fetischist, hat das Gedicht wieder entfernt. Warum, wird immer im Dunklen bleiben. Ich unterstelle aber: Hochgeistige, intellektuelle Prozesse sind fast unmöglich, wenn man die ganze Zeit vergorenen Kot riecht oder im Büroloft schwitzt. Hier nun das Gedicht:

Die Unsinnigkeit der Stadtflucht oder „Frische Landluft“

Landluft ist nicht immer schön

manchmal will man nicht nach draussen gehen

Es stinkt zum Himmel, dagegen ist

ein Festival-Dixie-Bereich ein kleiner Witz.

Mensch Kühe. Wohin sollt ihr scheissen?

Muss es mir so in die Nase beissen?

So macht Stadtflucht keinen Sinn.

***! …Ich sollte mal verreisen.

Damit, liebe Stadtkinder und Landmenschen, verabschiede ich mich in ein hoffentlich unverstunkenes Wochenende und wünsche euch ein ebensolches. Für alle Städter mit Sehnsucht nach Idylle präsentieren wir in den Filmen der Woche vollkommen geruchsfreie Clips, die das Land von seiner besten Seite zeigen und für uns aus Köln und Umland auch den einen oder anderen Ausflugstipp enthalten.