16 Jun Hier spricht der Chef!

So manche Sprecherstimme ist auch aus dem TV bekanntSprache ist ein ergiebiges Thema! Film ist eine Sprache.  Aber im Film wird auch gesprochen. Von TV-Sprechern. Nicht jeder, der sprechen kann und nicht jeder der spricht, ist gleich ein Sprecher. Nenene! Da gibt’s Unterschiede. Nicht jeder mag jede Stimme. Manche TV-Stimmen kann ich gar nicht haben, während sich jemand anderes nicht daran stört. Ein Beispiel:

Sprecher im Rundfunk – sinnlich durch die Ohren

Bei uns wird mittags immer schön gekocht. Das ist etwas, worum uns viele beneiden, die auch von früh bis spät arbeiten – und das manchmal hungrig tun müssen. Bei GRAFF.FF ist das anders. Bei uns wird jeden Mittag was Feines kredenzt. Wir essen abwechslungsreich und gesund. Es schmeckt. Klar gibt’s auch mal nur Nudeln oder Pommes. Das tolle für denjenigen, der sich bereit erklärt, ist, dass Kochen im Gegensatz zu vielen anderen Sachen, die man im Büro tut, etwas sehr Sinnliches ist: Das Zubereiten von Essen hat sehr kreative Aspekte und es ist etwas Schönes, sich mit den Zutaten zu beschäftigen und etwas daraus zu erschaffen, das schmeckt. Das andere tolle beim Kochen ist die Musik, die in der Küche keinen stört. Ich schleppte vor einigen Jahren ein altes Radio an und seitdem ist die Küche meine kleine Diskobude. Ich höre, ich gebe es zu, 1Live, auch wenn ich schon im WDR 2- Alter bin. Leider spielen sie nicht immer, was ich mag und unanständigerweise gibt es auch noch Werbung. Und die reißt einen doch ziemlich aus den sinnlichen Gefühlen, die man beim Anrühren von Teig oder dem Anbraten von Gemüse haben kann. Vor allem, wenn für Müsli geworben wird.

Müsli-Überdosis auf die Gehörgänge

Er war schon oft Thema von Beiträgen, denn er versetzt alle, die mit Werbung zu tun haben, in Erstaunen: Willi Pfannenschwarz, Müsli-Millionär aus dem Schwabenland, der die Werbung für seine Produkte in einem Tonstudio im heimischen Keller selbst produziert. Zuerst aus schwäbischer Freude an der Einsparung, mittlerweile hat er internationalen Kultstatus erlangt und kann nicht mehr anders. Er bedient sich seiner knarzigen Stimme, seines starken, schwäbischen Dialekts und einem imaginären Freund namens „Kalle“, mit dem er Bergsteigen und Radfahren geht. Kalle wird auch von Herrn Pfannenschwarz gesprochen. Es beginnt immer mit „Woischt Kalle …“ und endet mit „Seitenbacher Bergsteigermüsli* – Bergsteigermüsli* von Seitenbacher“. Die Werbung hat jedes Mal den Effekt von einem Knallfrosch, den jemand in den Ohrensessel wirft, in dem du gerade schlummerst. Man wird sofort wach und möchte das Radio leiser machen. Ein Psychoanalytiker würde wohl anmerken, dass es ein Zeichen für Schizophrenie ist, wenn sich ein Erwachsener noch einen Fantasiefreund hält. Dem Sprachtherapeut fiele wohl eher die Palilalie auf. Das ist das zwanghafte Wiederholen von Wörtern und ganzen Sätzen. Mir fällt auf, dass ich lieber für Norleon Graff als für Herrn Pfannnenschwarz arbeite, denn ersteren kann man viel besser akustisch aushalten.

(* „Bergsteigermüsli“ beliebig durch „Fitnessriegel“ oder „Hanföl“ ersetzen)

Talentlos zum Weltruhm

In den USA, wo sich Seitenbacher Produkte gut verkaufen, sind nun viele der Meinung, dass Deutsch so zu klingen hat, wie Herr Pfannenschwarz es spricht. Denn auch dort verkauft der Schwabe seine Müsliprodukte. Hier wie dort hat diese unsägliche Werbung Kultstatuts erlangt. Weil eben alle so erstaunt waren – dass diese Werbung so ist, wie sie ist, und dass der Urheber konsequent an diesem Konzept dran bleibt.

Genaugenommen hat Herr Pfannenschwarz kein Sprechertalent – bzw. Talent vielleicht schon, aber er hat das Sprechen nicht gelernt. Daher klingt er halt wie einer, der keine Ahnung hat. Es ist toll, dass ihn das gar nicht zu stören scheint. Für so viel Selbstbewusstsein muss man wahrscheinlich eine Menge Müsli essen.

Müsli nein – aber ausgewogene Kost bekommt Norleon Graff, der seine Sprechertätigkeit mit einem Pseudonym tarnt. Eine ehemalige Mitarbeiterin war ganz wild darauf, diesen „Memo Turner“ mal kennen zu lernen: „Er hat so eine interessante Stimme“, sagte sie, und es war zu spüren, dass ihre Vorstellungen von dem unbekannten Sprecher auch erotische Aspekte hatten. Sie war enttäuscht, dass es dann am Schluss doch „nur“ Norleon war, dessen Stimme sie derart gebannt hatte. (Norleon wiederum ist enttäuscht von dieser Formulierung. Deshalb die Anführungsstriche.)

Norleon Graff aka Memo Turner ist also unser Haus- und Hofsprecher, und wie der Schwabe mit dem Palilaliesyndrom spricht er seine Texte im eigenen Tonstudio im Keller ein. So weit zu den Gemeinsamkeiten. Wäre Seitenbacher unser Kunde, wir hätten vielleicht die Fehlentscheidung getroffen, vom Selbst-Einsprechen abzuraten und alles vom Sprecher des Hauses aufnehmen zu lassen. Der hätte dem Müsli eventuell eine erotische Note geben können, vielleicht auch bessere Umsätze, nicht aber Weltruhm. Manchmal sind die ganz authentischen Sachen einfach die allerbesten, auch wenn sie komisch klingen.

Kein Müsli sondern Rotwein für Norleon Graff

Norleon Graff war nicht immer Sprecher. Er wurde es relativ zufällig vor etwa 25 Jahren. Da lieferte er einen Film mit „Beispielsprecher“ ab, der wurde dann so gekauft. Das hatte sehr weitreichende Folgen und ist mir eine Randnotiz wert. Denn dieses Filmchen wurde in einer Dauerschleife im Bezirksrathaus Fühlingen abgespielt, unterlegt mit „Red, Red Wine“ dem legendären Hit von UB40. Wie von selbst kam dann den Verantwortlichen die Idee zum SummerJam Festival. Ausgesprochen gute Story, oder?

Hier spricht der Chef!

Bei uns spricht jedenfalls der Chef selbst – oder er lässt sprechen. In unserem Filmblog stellen wir unsere neueste Veröffentlichung vor: Josef Tratnik, der u.a. Generationen von Perry Rhodan Fans gut bekannt ist, spricht in der Malteser Präsentation zum Wiesensee Golfcup über die großartige Zusammenarbeit der Kölschen Fründe mit dem Malteser Hilfsdienst. Memo Turner lernen Sie im Film „Partnerschaft“  kennen, aber beim Durchstöbern von Videopostkarten.de werden Sie ihm öfter begegnen. Gut gebucht ist der sympathische und großartige Philipp Schepmann, der für die jüngeren Zuschauer (U 30) als DIE Stimme des Fernsehens der Gegenwart gelten dürfte – kaum eine Dokumentation, in der Philipp Schepmann nicht spricht. Beim Zappen begegnet man seinem warmen Sprechorgan mindestens 1x in 30 Programmen. Wir freuen uns, ihn euch auch mal „zeigen“ zu können. In „Gute Besserung“ kann man ein bisschen was von ihm sehen. Am Ende ein bisschen mehr. Weitere Sprecher aus unserem Pool sind: Die mitreissende Theaterschauspielerin Gabriella Weber und die sehr bekannte Henrike Scheidsbach, die u.a. besonders klasse Märchen vorliest. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie wissen, was sie tun und dass sie eine positive Wirkung mit ihrer Sprache erzielen. Für Werbung, die gut klingt.