09 Jun Filme sprechen

Es gibt sie: Die Sprache der BlumenIn der letzten Woche habe ich einen Zacken aus meiner Krone gebrochen, indem ich versuchte, leichte Sprache zu verwenden. Im Ergebnis sah das nicht schön aus, weil die Regeln der leichten Sprache unter anderem verlangen, für jeden (kurzen) Satz eine eigene Zeile zu verwenden. Das machte die Optik meines gesamten Textes kaputt – und viel Inhalt konnte ich damit auch nicht transportieren. Mit der brandneuen Kulturtechnik „Leichte Sprache“ habe ich also noch Schwierigkeiten. Meine Intention letzte Woche war, in leichter Sprache etwas über die Sprache des Films zu verfassen. Das verschob ich aber auf heute, denn ich hatte mich bereits damit erschöpft, die leichte Sprache vorzustellen. Es war schlicht kein Platz mehr da für noch mehr Inhalte.

GRAFF FF – Wir machen Filme.

Schön, dass unser Firmenmotto schon ein Satz in leichter Sprache ist. Oder? Jeder weiß sofort, was wir tun, wir schnörkeln nicht irgendwas drumrum, es ist einfach so: Wir machen Filme. Die Filme, die wir machen, sind z.B. Werbefilme für Unternehmen jeder Größe. Vom kleinen Schmuckdesigner nebenan bis zur international agierenden Maschinenbaufirma. Warum lassen Firmen Filme machen? Weil sie sichtbar sein wollen und weil sie Kunden erreichen möchten. Oft wollen Werbekunden eine Geschichte erzählen: Die Geschichte ihrer Firma und des Produkts. Sie wollen sich selbst erzählen, wie ihr Lebensgefühl mit der Firma und dem Produkt ist. Manchmal finden sie auch erst während der Produktion heraus, was die Geschichte ist, die sie erzählen. Denn dann haben sie die Möglichkeit, sich von aussen anzugucken.

So wie ich Ihnen jetzt in deutscher Sprache schöne Sätze formuliere, kann Film in einer Sprache aus Bildern, Tönen und Zeitgestaltung eine Aussage machen. Sie wird von jedem verstanden, der Hören und Sehen kann. Filme erzählen audiovisuell und die einzelnen Elemente des Films tragen Bedeutung – Film ist ein Medium, Film ist eine Sprache. Das ist ein Thema für Medien- und Kommunikationswissenschaftler – aber nicht nur für die.

Wie kann ein Film Sprache sein?

Sprache ist Kommunikation, Kommunikation ist Informationsaustausch. Die verwendete Sprache ist der jeweilige Code, der verwendet wird, die Information zum Gegenüber zu tragen. Spricht einer arabisch und der andere deutsch, klappt die Kommunikation nicht, da die Gesprächspartner unterschiedliche Codes verwenden. Die Information kann so nicht transportiert werden, ohne das Medium „Dolmetscher“ dazwischen zu schalten oder sich mit „Händen und Füssen“ zu verständigen. Film kann auch ohne die Verwendung von Sprache eine Aussage machen. Dabei arbeitet Film mit diesen Komponenten:

1. Dem Bildaufbau – was sehe ich, wie ist alles arrangiert? Wie wirken Licht und Schatten, wie ist das Bild ausgestattet? Wo befinden sich Schauspieler, wie sehen diese aus und was tun sie?

2. Schnitt: Die Bilder, die wir arrangiert und erzeugt haben, werden hintereinander montiert und ergeben Sinn. Sie erzählen die Geschichte. Schneiden wir alle Bilder in unwillkürlicher Reihenfolge zusammen, kann man unter Umständen unsere Geschichte nicht mehr erkennen. Dafür vielleicht eine andere Geschichte oder einfach anstrengend avantgardistischen Mumpitz.

3. Töne und Musik. Tiefes Knarzen und Knarren, das Rufen des Käuzchens – sofort haben wir ein Gruselgefühl oder zumindest wissen wir, es geht um etwas Unheimliches. Das Gegenteil lässt sich wohl mit sanften Streichern und Kirchenglocken erzählen, lachenden Kindern und singenden Amseln. Musik und Geräusche verleihen dem Film Tiefe und unterstützen jedes durch den Bild- und Zeitaufbau beabsichtigte Gefühl. Und natürlich transportiert gesprochene Sprache Information – aber nicht nur WAS gesagt wird, sondern auch WIE.

Zwischen den Zeilen lesen

Film ist eine Fundgrube für „Zwischen-den-Zeilen-Leser“. Durch das Zusammenspiel von vielen Komponenten und einzelnen Codes entsteht eine Gesamtwirkung des Films. Manchmal kann man von Bildern „erschlagen“ werden – aber nur, wenn großartige Bilder auch mit Bedeutungen verknüpft wurden, die den Zuschauer berührt haben. Und diese Bedeutungen können natürlich von jedem etwas anders, und von allen immer wieder neu interpretiert werden. Die Werke der großen Filmemacher werden über die Jahrzehnte immer wieder anders gesehen – ähnlich wie die Werke der großen Literaten auch über die Jahre neue Bedeutungen erlangen, da auch in Büchern Codes verwendet werden, die von Zeit zu Zeit anders gelesen werden.

Ein weiteres Mittel der Filmsprache ist das „Filmzitat“. Das ist eine bewusste Anlehnung einer Szene des Films an einen anderen Film, z.B. mit möglichst ähnlichen Kameraeinstellungen oder Szenenaufbau. Das stellt eine inhaltliche Verwandtschaft zweier Filme her. Ein spannendes und kreatives Mittel, den Film sprechen zu lassen!

Sprechende Filme der Woche

In unseren Filmen der Woche lassen wir Filme sprechen. Unser Kunde Möbel Lenz hatte etwas zu sagen: Das Motto des Hauses „Wohlfühlen – Mensch sein“ ist keine Worthülse, sondern wird gelebt. Dafür holten sie Mitarbeiter vor die Kamera, die über das Gefühl sprachen, für Lenz zu arbeiten. Der Vorteil für den Kunden kann zwischen jeder Zeile herausgelesen werden! Zwei liebliche römische Freudenmädchen erzählen ohne Worte die kurze Geschichte des Bürgers, der sich an sehr leckeren Trauben verschluckte und wie schlimm sie das fanden. Ob Luan Katharina liebt, weiß vermeintlich eine Rose, aber stimmt es? Der Film spricht eine andere Sprache. Eine ziemlich alt-bekannte Geschichte wird in „…es gibt einen Mantel“ zitiert, aber mit modernen Requisiten und einem kleinen, feinen Filmzitat. Viel Spass!