26 Mai Er, Sie, X: Die richtige Anrede

Die richtige AnredeNormalerweise hat man es mit „Damen und Herren“ zu tun – beileibe aber nicht immer. Und wenn ich mit einer Person namens „Neriman“ oder „Kim“ korrespondiere – wie kriege ich raus, ob das „Dame oder Herr“ ist? Ist das überhaupt wichtig? Wie umgehe ich die größten Fettnäpfchen bei der Anrede?

Mädchen oder Junge?

Jedes Millionste Kind, das geboren wird, hat beide Geschlechter oder keins davon. Das ist Gottseidank Privatsache und so selten wie ein Lottogewinn – aber es kann sein, dass DU das Glück hast, dass das auf deine/n zukünftige/ ChefIn zutrifft. Dann herzlichen Glückwunsch! Die Geschlechtergerechtigkeit macht unsere schöne Sprache nicht noch schöner, sondern sehr viel anspruchsvoller. Frauen möchten heutzutage sprachlich vom generischen Maskulinum unterschieden werden, Männer mochten es aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund noch nie besonders, als „Frau XY“ angesprochen zu werden. Die richtige Ansprache ist also auch wichtig. Hast du es einmal falsch gemacht und dein Irrtum wurde aufgeklärt, brauchst du dich nicht für den Rest deines Lebens zu schämen, denn so schlimm ist es auch nicht. Bei einer andersgeschlechtlichen Persönlichkeit wird es schon komplizierter. Bei Facebook kann man mittlerweile zwischen 58 Geschlechteroptionen wählen – das sind überraschend viele. Bei so einer Unübersichtlichkeit fragt man sich aber doch, wie ein einfacher Text sprachlich gestaltet werden soll, wenn schon bei ER und SIE so viele Binnen-Is, Schräg- und Querstriche zum Einsatz kommen, dass man nur noch durch den Text holpert.

ER, SIE, X

Von der HU Berlin, dem Zentrum für interdisziplinäre Genderstudies, kommt der Vorschlag, ein Geschlechterneutrales „X“, (sprich: ix) anzuhängen. Oder ein „A“. Diese gendergerechte, neolinguistische Neuheit macht sprachlich nicht nur Frauen sichtbar, sondern jede, jeden und alle! Auch Menschen, die bei einer der 56 anderen Geschlechtsoptionen ihr Häkchen machen, sind da gemeint. Beispiel: Liebex Freundx, Sehr geehrtex Professx – oder statt: „Kölnerinnen und Kölner“ einfach Kölna! Doch genug der sprachlichen Sonderexkursion in die Welt der Xe. Die Verwendung derart exotischer Endungen können wir ohnehin nur begrenzt empfehlen. Bei einer Bewerbung ins Bankenwesen oder Handwerk würde ich das sogar als NO-GO bezeichnen. Das würde niemand verstehen und du ständest da wie einx Spinnerx.

Um meine anfängliche Frage zu beantworten: Wie finde ich heraus, ob mein Ansprechpartner Mann oder Frau ist, hier noch eine schnelle Antwort: Das Internet hilft. Da gibt es Vornamenseiten für werdende Eltern, da gibst du den Namen ein und dann wird dir entweder in rosa oder hellblau die Namensbedeutung und die Herkunft angezeigt. So einfach. Bei Künstlernamen und Namen, die nicht über diese Seiten zu finden sind: Anrufen. An der Stimme kann man oft erkennen, ob rosa oder blau. Was, wenn das immer noch keine Sicherheit gebracht hat? Dann weiter allgemein bleiben: „Damen und Herren“. So einfach ist das.

Geschlechterverwechslungen lassen sich vermeiden, das nächste NO-GO aber ist traurig – und Leidtragende sind immer die Kinder. Wir präsentieren: den aus unserer Sicht schlimmsten Fehler, den man bei einer Bewerbung überhaupt machen kann.

„Deine Mudder“ ruft an.

Hallo, mein Name ist XY, ich möchte fragen, ob Sie Praktikumsplätze vergeben. Ich rufe für meine Tochter / meinen Sohn an.“ Ein einziges Mal habe ich dem Flehen der zur Erziehung Berechtigten nachgegeben und den Sprössling zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Das war: (Trommelwirbel) … Zeitverschwendung! Der Junge hatte keinerlei Gesprächsthemen parat und auch zu sich selbst wusste er nur das nötigste zu sagen. (Arbeitsanweisung: Rufen Mutter, Vater, Oma, Opa oder Tante an: Bewerbung sofort in die Tonne!) Einmal kam eine Mami unangemeldet mit dem Kindchen vorbei, nachdem ich ihr bereits am Telefon gesagt hatte, dass sie den größten Fehler gemacht hatte, uns anzurufen! Sie wollte uns unbedingt zeigen, dass ihre Tochter schon sehr selbständig wäre, deshalb war sie da. Die Frucht ihres Leibes stand stumm daneben und schaute mit großen Augen, während Mami ihre Vorzüge pries: Intelligent, selbständig und total kreativ. Weil der Vortrag des Muttertiers nicht so richtig zum Bild des Nachwuchses passte, gab es dafür dann auch noch Ärger von der Mama. Das Kind tat uns leid, die Mutter war schrecklich. Ganz schrecklich. Das Kind hätten wir schon deshalb nie ins Praktikum geholt, weil die Mutter so furchtbar schrecklich war. Aber wahrscheinlich interessierte sich das Mädchen nicht einmal fürs Filmemachen.

Bitte, liebe Eltern, haben Sie Verständnis, wir stellen hier ausschließlich selbstdenkende Menschen ein, die schon sprechen können. Wenn Sie Ihr Kind so erzogen haben, dass es nicht selbst telefonieren kann, dann sind sie mit der Erziehung leider noch nicht so weit gekommen, dass wir übernehmen können.

Und bitte liebe Kinder: Kümmert euch selbst um eure Zukunft. Entscheidet euch selbst und bewerbt euch selbst – auch wenn das erst mal Angst macht. Ab einem gewissen Punkt kann Mami nicht mehr helfen, sondern steht nur noch im Weg. Du benutzt ja auch keine Schwimmflügel oder Stützräder mehr. Irgendwann musst du so weit sein, „ins kalte Wasser zu springen“.

Damit bin ich am Ende meiner 5-teiligen Serie über Bewerbungen. Sicher ist nicht alles gesagt, aber wir wenden uns nächste Woche wieder anderen Themen zu. Ich befürchte, dass längst nicht jeder alles verstanden hat. Daher versuche ich in den nächsten Wochen mal in leichter Sprache zu schreiben. Über das Filme-machen.

In den Filmen der Woche reflektieren wir noch mal filmisch, wie sehr das Bewerben und Starten der Karriere einen neuen Abschnitt im Leben markiert. Du, deine Eltern, die Schule…. Alles wird neu! Die Zukunft ist ab hier noch ungewiss – aber auch verheißungsvoll und total spannend. Dass Eltern loslassen müssen, wenn ihre Kinder ins Leben starten, das sollte deren Problem sein. Hilfreich: Ein Besuch im Café zum Zurücklehnen und sich darauf besinnen, dass das eigene Leben auch noch da ist. Letztlich kann man niemanden davor beschützen, sich zu verlaufen. Enjoy!

Wer sich für das Thema Kindererziehung interessiert, dem können wir einen passenden Ratgeber auf www.bambiona.de empfehlen.