06 Jan Neustart

frohes neuesEs geht nicht vor und nicht zurück. Nichts ist so, wie es hätte sein sollen. Du denkst an früher, als du dir ausgemalt hast, wie es einmal sein würde und du wünschst dich zurück in diese Zeit, wo alles möglich und noch nichts entschieden war. Du willst einen Neustart. An diesem Punkt war jeder wohl schon einmal. Ob es nun die sorgfältig geplante Sims-Familie, eine langjährige Beziehung, oder den Beruf, für den man so hart gearbeitet hat, betrifft. Plötzlich merkt man, dass man nicht zufrieden ist und die einzige Lösung scheint zu sein, alle Seile zu kappen, Chaos und Komplikationen hinter sich zu lassen. Wir wollen den Entwurf unseres Lebens zerknüllen, wie eine misslungene Skizze und auf einem unbeschriebenen Blatt noch mal ganz von vorne anfangen.

Neustart: Noch mal ganz von vorne

Zugegeben, dies ist auch ein Thema, das mich persönlich betrifft. Ich bin eigentlich ganz zufrieden damit, wie mein Leben so läuft. Wären da nicht die anderen, die einem sagen man hätte aber noch dieses und jenes tun können und man sollte überhaupt allgemein lieber dies und das anstreben. Und die, die einem etwas Mutiges vorleben, das so ganz anders ist, als das, was man selbst lebt. Und – last but not least – diejenigen, die ständig unzufrieden sind. Unzufriedenheit ist salonfähig geworden und viele geben sie nur zu gerne Preis, was bei mir das Gefühl auslöst, vielleicht zu genügsam zu sein. Das bringt mich in eine Zwickmühle, denn die Idee eines Neustarts löst bei mir großes Unbehagen aus. Und so stellt sich mir die Frag: Warum sind wir überhaupt so unzufrieden?

Wir wollen alles, aber niemals nichts

Ich bin nur ein bisschen weise (ich hoffe, später mal sehr weise zu sein!).  Aber trotzdem werde ich mal versuchen, eine Annäherung an eine Antwort auf diese Frage zu finden (bescheiden bin ich bereits). Meiner Meinung nach ist es Gift für uns, so viele Möglichkeiten zu haben. So viele mögliche Studiengänge, so viele Job-Titel, so viele potentielle Partner, so viele aufregende Hobbies, und so viele exotische, fremde Orte. Gerade meine Generation ist mit der Idee groß geworden, wir könnten alles sein, uns stünden alle Türen offen. Und dabei sind manche schon am Wurstregal ihres Lieblingssupermarktes überfordert. Im Umkehrschluss werden Vielseitigkeit und Offenheit auch von uns verlangt – sowohl im Beruflichen, als auch im Privaten.

Sich festzulegen bekommt damit einen schlechten Beigeschmack, denn es schlägt den Großteil der Türen zu, von denen man gesagt hat, sie stünden uns offen. Wir glauben es gäbe einen idealen Lebensweg, auf dem wir uns selbst verwirklichen können, denn sowieso ist Selbstverwirklichung ja in unserer Kultur das Wichtigste. Wir müssen halt nur die richtige Tür finden, bevor wir sie aus Versehen zuschlagen. Diese Vielfalt an Möglichkeiten ist es meiner Ansicht nach, die uns dazu bringt Beziehungen zu beenden. Wir brechen ein Studium oder eine Ausbildung ab, oder werfen nach vielen Jahren Bürojob das Handtuch. Dann übernehmen wir zum Beispiel einen Bio-Bauernhof im Norden Kaliforniens, eben weil für zu lange Zeit einiges nicht so zufriedenstellend war.

Auf den richtigen Moment warten

Dazu kommt, dass Veränderung mit dem Endziel Verbesserung allen Anscheins nach in der Natur des Menschen liegen. Das fängt beim Zwiebeln schneiden an und hört bei dem natürlichen Lebenszyklus auf. Wir geben uns nicht mit dem Ist-Zustand zufrieden, denn wir können uns vorstellen, dass es anders, besser sein könnte. Und darauf arbeiten wir hin. Aber auch Neustarts sind nicht einfach. Wir brauchen eine Menge Mut (und leider meistens auch Geld) und oft sind wir nicht nur für uns selbst verantwortlich, sondern müssen auch an die Familie, den Partner, die eigenen Kinder denken. Allgemein beliebt ist daher die Idee zum neuen Jahr hin alles anders zu machen, frei nach dem Motto „new year, new me!“, aber in Wirklichkeit gibt es nicht den richtigen Moment für einen Neustart.

Zum Start des neuen Jahres, wenn die Idee des Neustarts besonders präsent und verlockend scheint, sollten wir uns also fragen: Warum will ich einen Neustart? Ist es, weil ich wirklich zutiefst unzufrieden mit dem Status quo bin. Oder ist es die Suche nach einem Ideal, das es so wahrscheinlich überhaupt nicht gibt? Ist eure Antwort ersteres, dann wünschen wir von GRAFF.FF alles Gute bei eurem Neustart im Jahr 2017 (und hey, wenn ihr einen Imagefilm für euer Start-up braucht, seid ihr bei uns an der richtigen Adresse). Seht ihr euch eher bei letzterem, dann hoffen wir, dass eure Unzufriedenheit so kurzweilig ist, wie der Schnee von dieser Woche.