09 Dez Allerhand Skandale

Allerhand, das kann vieles bedeuten. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn zum einen deutet dieser Begriff darauf hin, dass man von etwas viel hat. Allerhand Wissen, allerhand Videopostkarten, allerhand Plätzchen. Zum anderen kann er aber auch ausdrücken, dass etwas unerhört, oder skandalös ist. Unerhört, skandalös – das gefällt uns hier bei GRAFF.FF. Denn über Skandalöses und Unerhörtes kann man besonders gut Videopostkarten machen. Wir sind natürlich nicht die ersten, die den Skandal für sich entdeckt haben. Aber nicht nur werden Dinge, die allerhand sind, im Film reproduziert. Vielmehr produziert die Filmbranche selbst von Anekdoten bis hin zum Eklat allerhand Unerhörtes. Einige dieser haarsträubenden Geschichten aus dem Filmbusiness haben wir hier für euch zusammengetragen. Zugegeben, die Auffassung darüber, was ein Skandal ist hat sich über die Jahrzehnte, in denen es Film bereits gibt, stetig verändert. Auch interkulturell gibt es unterschiedliche Meinungen dazu, was nun als Skandal, Provokation, oder akzeptabel gewertet werden kann. Jedoch gibt es einige Geschichten aus der Filmwelt, die einfach herausstechen aus der Summe unerhörter Geschichten. Und diese folgen nun:

Der erste Hollywood-Skandal oder wie Hollywood seine Unschuld verlor

Es geschah am 5. September 1921 auf einer Party im St. Francis Hotel. Die Partygäste hören Schreie aus dem Schlafzimmer. Als sie nach dem Rechten sehen wollen, finden sie den Stummfilmstar Roscoe „Fatty“ Arbuckle sturzbetrunken und auf dem Bett eine sich vor Schmerzen windende Frau: Model und Schauspielerin Virginia Rappe. Virginia wimmert: „He did this to me“. Wenige Tage später stirbt sie im Krankenhau an den Folgen innerer Verletzungen. Hollywood und seine Zuschauer sind außer sich. Mehrfach steht Arbuckle vor Gericht, wird jedoch nicht verurteilt, denn medizinische Untersuchungen können keine Spuren von Gewalteinwirkung feststellen. Der Filmhistoriker Cari Beauchamp kommentiert dieses Ereignis wie folgt: „This was the first scandal in Hollywood with box office implications … Everyone had believed the stars were covered in fairy dust. Now that illusion was shattered and studio bosses were terrified it would destroy Hollywood itself.“ Bis heute ist nicht geklärt, ob Arbuckle tatsächlich für Rappes Tod verantwortlich war. Was jedoch feststeht, ist, dass mit Virginia Rappe auch ein Stück der Hollywood-Illusionen starb.

Der letzte Tango in Paris

Der Film ist alt, die Schlagzeilen darum neu: Die Vergewaltigungsszene aus Bernardo Bertoluccis Der letzte Tango in Paris soll eine echte Vergewaltigung zeigen. Es heißt, die damals 19-Jährige Französin Maria Schneider hätte nicht gewusst, dass in der besagten Szene eine Vergewaltigung stattfinden sollte. Man hätte ihre Reaktion als Mädchen, nicht als Schauspielerin gebraucht, so der Regisseur. Bertolucci verteidigt sich weiterhin, dass Schneider sehr wohl von der Vergewaltigungsszene gewusst habe. Das einzige was sie nicht gewusst haben soll, sei, dass als Gleitmittel Butter verwendet werden sollte. Was nun stimmt und was nicht, ist derzeit noch unklar. Völlig abwegig ist der Vorwurf gegen Bertolucci und den männlichen Hauptdarsteller Marlon Brando nicht, denn einige Filmschaffende sind dafür bekannt, dass sie unkonventionelle, wenn nicht sogar unmenschliche Mittel anwenden, um ihren Schauspielern die echteste, überzeugendste Reaktion zu entlocken. So auch in unserem nächsten Beispiel.

Der Exorzist

William Friedkins Der Exorzist war ein großer Kassenschlager und damals, so wie heute, ein echter Schocker. Es gibt wohl keinen Film, der mir mehr Angst gemacht hat und ich habe viele, viele Filme des Horrorgenres gesehen. Aber die Zuschauer sind nicht die einzigen, die von diesem Film traumatisiert wurden: Auch das Mädchen Linda Blair, das die Rolle der kleinen Regan spielte, litt noch lange Zeit an den Nachwirkungen der extremen Drehbedingungen. Obwohl Blair psychologisch auf die Rolle vorbereitet und während der Dreharbeiten psychiatrisch überwacht wurde, traten bei ihr Anzeichen psychischen Spätschäden auf. Auslöser waren schlechte Erfahrungen während der Dreharbeiten, wie schmerzende Kontaktlinsen, Unterkühlung und der Kontakt mit obszöner Sprache. Auch die Szenen selbst hatten es in sich: So wurde Blair zum Beispiel in einer Krankenhausszene von Friedkins Trick-Maschinerie hin und her geschleudert, was ihr Schmerzen und Angst verursachte. Dass sie schrie, man solle damit aufhören, wurde nicht so ernst genommen, wie es gemeint war, denn es war auch gleichzeitig der Text, der im Drehbuch stand. In einer anderen Szene musste Blair so tun, als würde sie mithilfe einem blutigen Kreuzes onanieren. Obwohl das ganze natürlich nur gestellt war, wurden Regisseur und Filmcrew hart dafür kritisiert, dass sie ein Kind mit so einem Akt überhaupt erst konfrontierten.

The Crow

Die Onanie-Szene in Der Exorzist war gestellt. Viel zu real dagegen ist die Szene, in der Brandon Lee als Eric Draven im Zuge eines Gang-Angriffes erschossen wird. Denn Brandon Lee wurde bei den Dreharbeiten für diese Szene tatsächlich erschossen. Eine Pistolenkugelattrappe, die für eine Nahaufnahme im Lauf hatte sein müssen, wurde nicht korrekt entfernt. Als anschließend eine Platzpatrone in die selbe Pistole geladen und bei der Erschießungsszene abgefeuert wurde, wurde die Kugelattrappe durch den Druck der Explosion herausgeschleudert und traf Draven. Der Mitschnitt der tatsächlichen Erschießung wurde nicht im Film verwendet. Jedoch gerieten der Regisseur und Produzent dafür in die Kritik, dass sie den Film trotz des tragischen Vorfalls überhaupt veröffentlichten.

Mensch, Jesus!

Religion und vor allem Kritik an eben dieser sind ein heikles Thema. Entsprechend wenig verwunderlich ist es, dass Martin Scorseses Die letzte Versuchung Christi konservative Christen so sehr verärgerte, dass es zu gewalttätigen Protesten gegen den Film kam, die in einen Brandanschlag auf ein französisches Kino gipfelten. Anderorts wurde die Ausstrahlung des Films gänzlich verboten. Wenn ihr denn Film nicht kennt, fragt ihr euch sicherlich, was Scorsese nur getan hatte, um so einen Aufruhr zu verursachen. Wir haben die Antwort: Er hatte Jesus zu menschlich und voll von Makeln dargestellt. Der Film-Jesus sympathisierte mit den Römern, begehrte eine Frau, entzog sich dem Tod am Kreuz und gründete stattdessen eine Familie.

Die Liste geht weiter und weiter. Von undressierten Raubtieren, die über 70 Menschen während den Dreharbeiten zu ROAR verletzten, bis hin zu Brandverletzungen durch zu heißen Asphalt für Szenen aus The Texas Chainsaw Massacre. Manchmal wird die Filmwelt so unmenschlich und brutal, wie das, was sie (zumindest in einigen Genres) darstellen will. Bei GRAFF.FF gibt es so etwas natürlich nicht. So gaben unsere Praktikantin Christina und ich gut Acht auf die Mäusekomparsen für den Dreh von The Good, the Best and the Beast. Und für ein Voice-Over musste ich auch nur ganz kurz echt weinen. Ob unsere Videopostkarten wohl trotzdem unerhört genug für euch geworden sind? Das könnt ihr euch hier anschauen.