11 Nov Sei nett und freundlich zu mir!

Lebensweisheiten / nettEs scheint ironisch: am gleichen Tag wie der Volkstrauertag, der an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnern soll, ist auch der Weltnettigkeitstag. Absicht war das sicher nicht, denn der Volkstrauertag ist ein deutschlandweiter Feiertag, während der Weltnettigkeitstag eben weltweit gefeiert wird. Wir lesen diesen Zufall so: Schlimme Dinge werden Menschen „von oben“ zugemutet. Damit meine ich nicht von einer Gottheit, sondern von Instanzen, die wir kaum oder gar nicht kontrollieren können. Und weil das schon schlimm genug ist, sollten wir uns nicht auch noch untereinander bekriegen und uns das Leben schwer machen. Aber nett zu sein ist nicht immer einfach, vor allem, wenn die anderen auch nicht nett sind. Wer unserer Meinung nach – vor allen anderen – am Weltnettigkeitstag besonders an seiner Nettigkeit arbeiten muss, das erfahrt ihr hier:

Nachbarn

So manch einer hat es schwer mit seinen Nachbarn. Es ist aber auch so leicht, seinen geschätzten Nächsten zu verärgern. Mal stellt man sein Fahrrad falsch ab, mal hat man um kurz nach Zehn im Flur gelacht und ein anderes Mal hat man angeblich eine Party gefeiert, obwohl man gar nicht zu Hause war. Hat man das limitierte Wohlwollen seiner Nachbarn einmal aufgebraucht, ist es nicht wiederherzustellen. Es ist eine endliche, aber wichtige natürliche Ressource, wie die Fischbestände in den Meeren, fossile Brennstoffe und Trinkwasser. Es gibt nur einen Weg aus diesem Dilemma: Nachbarn müssen netter werden!

Servicepersonal

Ich kann nicht die einzige sein, die bei einem netten Service-Menschen in Versuchung gerät, ihm/ihr aus Dankbarkeit die Füße zu küssen. So oft sind Menschen am anderen Ende der Service-Hotline oder des Service-Thresens so unfreundlich, dass ich mir nach so einem Gespräch klein und doof und furchtbar vorkomme. Dabei sind diese Leute doch genau dafür da – um Menschen, die Problemen mit einem bestimmten Service oder Produkt haben, weiterzuhelfen. Und es tut mir Leid, wenn der Kunde vor mir den Berater persönlich für ein gegebenes Problem verantwortlich macht. Es tut mir auch Leid, dass man in so einem Beruf täglich zwanzig Mal die erste Frage aus den FAQs beantworten muss. Aber genau darum geht es doch bei derartigen Services. Also, bitte, liebe Service-Menschen. Seid nett, denn wir haben zu dem Zeitpunkt, zu dem wir entscheiden eure Hilfe zu erfragen, schon genug Ärger gehabt.

Geschwister

Sie kennen unsere wunden Punkte. Und sie haben keinerlei Hemmung davor, dieses Wissen auszunutzen. Ich liebe meine Schwester und sie lebt auch mich (bestimmt), aber wenn ich an Unnettigkeiten zurückdenke, dann denke ich vor allem an Vorfälle zwischen mir und meiner Schwester. Ich erzählte ihr Lügengeschichten von hungrigen Monstern unterm Bett, um ihr ihre Schokolade abzuknöpfen. Wir zerrissen die Lieblingstierposter des Anderen, wir machten Dinge, die uns selbst nichts brachten, nur um dem anderen eins auszuwischen. Es lässt sich nicht leugnen: Auch Geschwister müssen netter werden.

Wie geht nett?

Um die unfreundlichsten Unruhestifter in unserer Umgebung zur Nettigkeit zu bewegen, gäbe es verschiedene Wege: Wir könnten Meditation und Yoga zwangsverordnen. Wir könnten dem Trinkwasser etwaige Beruhigungsmittel beimischen. Aber am besten fangen wir erst mal bei uns selbst an: Wir müssen nett sein, wenn wir nett behandelt werden wollen. Und werden wir nicht nett behandelt, obwohl wir selbst total lieb und brav sind, dann kann man darauf auch erstmal nett hinweisen. Wenn ihr mal ehrlich seid: Habt ihr je eine Fehde beilegen können, indem ihr Auge-um-Auge-Zahn-um-Zahn-mäßig genauso (oder schlimmer) zurückgeschlagen habt, wie der, der euch eurer Meinung nach Unrecht getan hat? Und hat ein Gegenschlag oder Unfreundlichkeit allgemein je dazu geführt, dass ihr euch danach besser gefühlt habt? Es bringt einem doch selbst nichts, unhöflich oder unfreundlich zu sein. Selten gibt es uns die Genugtuung, die wir uns erhoffen und auf lange Sicht gibt das Magenkrebs und ein erhöhtes Herzinfarktrisiko. Und wenn ihr euch absolut nicht Zen genug fühlt, um Angriffen mit Freundlichkeit zu begegnen, dann denkt daran: Schon die Ärzte wussten, dass höflich und nett zu bleiben das größte Ärgernis für die ist, die uns Ärger bereiten. Wenn man nicht allein der Nettigkeit wegen freundlich bleiben will, dann halt um dem Gegenüber nicht den Triumph zu gönnen. Also – werdet nett! Anfangen könnt ihr damit, indem ihr unsere netten Videopostkarten verschickt. Kostenlos und unkompliziert, weil wir nett sind.