08 Jul Ferien

1328877702Diese Woche beginnen die Ferien in NRW. Für mich heißt das hauptsächlich, dass ich bei meinem morgendlichen Yoga nicht mehr von den Schülern, die gegenüber von meiner Wohnung zur Schule gehen, angefeuert werde. Aber für Familien und jene unter uns, die noch zur Schule gehen, beginnt nun die beste Zeit des Jahres: Es ist Sommer, und es geht ab in den Urlaub. Ob der nun auf Balkonien stattfindet, oder in der abenteuerlichen Fremde. Ob es richtig was zu feiern gibt – eine Hochzeit, oder ein beendetes Studium -, oder einfach nur der jährliche Bauernhofurlaub ansteht. Urlaub ist immer etwas, auf das wir uns freuen können. Zu diesem Anlass haben wir passend zum Thema der Woche ein paar Ferien-Filme auf Videopostkarten.de zusammengestellt. Wie immer könnt ihr die Videopostkarten kostenlos und ohne Anmeldung verschicken.

Aber nun zurück zu unserem Blogbeitrag. Ferien … Menschen freuen sich den ganzen Tag auf Feierabend, die ganze Woche aufs Wochenende und das ganze Jahr über auf die Ferien. Die Strapazen des Alltags werden nur deshalb erträglich, weil man weiß, was man am Ende dafür bekommt. Und gleichzeitig wird der wohlverdiente Urlaub dann besonders schön, wenn der Alltag besonders ätzend war.

Camping extrem: Ist das noch Urlaub?

Obwohl es viele verschiedene Arten gibt Urlaub zu machen, soll am Ende doch meistens das gleiche stehen: eine neue Erfahrung, Entspanntheit und eine gesunde Bräune. Meine Eltern fuhren mit mir und meiner Schwester jeden Sommer in den Urlaub. Meistens ging es zum Campen. Und damit meine ich richtiges Campen. Kein Wohnmobil, keine Chemikalientoilette, keine vier Kochplatten und kein Fernseher. Wir hatten zwei Igluzelte, Luftmatratzen, eine Picknick-Decke und einen Gaskocher mit einer Platte. Und weil zwei Zelte und eine Decke nicht besonders viel Unterhaltung bieten, erkundeten wir tagsüber die Umgebung und bauten unsere Zelte ab, um zum nächsten interessanten Ort zu fahren, wenn wir das Gefühl hatten genug gesehen zu haben.

Meine Mutter hat ein besonderes Talent dafür, Geheimtipps aufzutun und fernab der Touristenpfade ein authentisches Urlaubserlebnis zu erschaffen. Sie bekam immer heraus, wo die Einheimischen zu Abend aßen, fand überall Attraktionen, die noch in keinem Reiseführer nachzuschlagen waren und hatte ein Gespür dafür, welche zwielichtige Gasse zu einem besonders romantischen Plätzchen führen würde. Am liebsten erinnere ich mich an die im Wald versteckten Kaskaden in der Auvergne zurück. Ein Bauer am Straßenrand hatte meiner Mutter davon erzählt und ihr eine dürftige Wegbeschreibung gegeben, der wir anderen wenig begeistert folgten (ein einstündiger Marsch durch die französische Mittagshitze erschien mir nicht so prickelnd, vor allem, wenn man nicht einmal wusste, ob man das Ziel überhaupt je finden würde). Wir fanden die Kaskaden. Und tatsächlich waren wir dort ganz allein – zwischen Felsenungetümen und weiß sprudelnden Wasserfällen schwammen wir in den Becken, die der Fluss in den Stein gewaschen hatte. Wir kamen oft wieder. Die anderen Touristen begnügten sich mit dem flachen Becken, das von der Straße aus zu sehen war, während die Abenteuerurlauber weiter oben am Hang in den Felswänden turnten. Ja, meine Mutter weiß, wie man einen Urlaub erlebnisreich macht.

Mein Vater hingegen, obwohl er mit seinem Schweizer Taschenmesser und sehr guten – nennen wir es – „Überlebensskills“ der geborene Ferien-Abenteurer ist, hat ein Talent dafür, uns in peinliche Situationen zu bringen, oder in Fettnäpfchen zu treten. In Griechenland grüßte er die Bäckerin einmal äußerst freundlich mit dem Wort „calamari“, anstatt mit „kalimera“, was griechisch für „guten Tag“ ist. Einmal kaufte er meiner Schwester eine traditionelle Tiroler Schürze, auf die der Schriftzug „heit bin i gamsig“ gestickt war. Die Schürze gefiel meiner damals 9-jährigen Schwester. Blöd war nur, dass „heit bin i gamsig“ so viel heißt, wie „heute bin ich geil.“ Wir mussten erst an einigen irritierten Einheimischen vorbeilaufen, bis uns jemand erklärte, was der Spruch tatsächlich bedeutete. Aber da geht noch mehr: Im Skiurlaub platzte mein Vater regelmäßig in die falsche Wohnung, nämlich eine Etage unter unserer und erschrak dann, wenn sich schon jemand in der Wohnung befand. Außerdem fotografiert er analog, was mehr als einmal dazu führte, dass wir in unnatürlichen Posen minutenlang schmale Gassen blockierten und die Einheimischen verärgerten, weil wir darauf warten, das Papa endlich den Auslöser drückte. Aber was den Abenteuer-Aspekt angeht, ist auf meinen Vater Verlass. Mehr als einmal half er meiner Schwester, meiner Mutter und mir aus misslichen Lagen. Er flickte Reifen, bastelte Sonnenschutze, trug Verletzte zurück in die Zivilisation, entfernte Skorpione und Spinnen aus unseren Zelten und – mein Lieblingsmoment – schrie das biestige Pony eines Bauern, das meine Schwester getreten hatte so an, dass es für den Rest unseres Urlaubs lammfromm war.

In den Ferien bestimmen wir

Wahrscheinlich hat sich bis hier her abgezeichnet, dass unsere Ferien immer sehr erlebnisreich waren. Und ich versuche diese Tradition aufrecht zu erhalten, wenn ich nun ohne meine Eltern in den Urlaub fahre. Obwohl ich meine 2,3 Stündchen am Strand immer genieße, verstehe ich bis heute nicht die Urlauber, die sich in einer monströsen Hotelanlage verschanzen, jeden Tag am Hotelpool verbringen und dafür auch noch Unmengen an Geld aus dem Fenster schmeißen. Oder die Glamper, die sich mit HD-Fernseher, Backofen und Chemikalienklo auf dem Campingplatz aufbauen. Und erst recht nicht verstehe ich die Sau-raus-Lasser auf Malle. Aber das muss ich ja auch nicht. Denn wenn ich mit Müsli-Riegel und Nasenbluten durch die Alpen kraxle, begegne ich ihnen nicht, und sie begegnen mir nicht.

Das ist das Schöne am Urlaub: Wir dürfen wählen. Wir wählen unseren Zielort, unsere Traumunterkunft, wir genießen die nationalen und lokalen Spezialitäten, wir tanken Sonne, wir kaufen Souvenirs. Jeden Tag können wir selbst gestalten, wir brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben wegen all des Geldes, das wir im Urlaub hinblättern. Denn diese Zeit gehört uns und dafür haben wir das Jahr über gearbeitet.