24 Jun Fortschritt

FortschrittWir wären sicherlich nicht auf dem technischen und wirtschaftlichen Stand, auf dem wir heute sind, hätte unsere Vorväter und -mütter sich mit mittelmäßigen Lösungen zufrieden gegeben. Wir wollen immer mehr, wir wollen es immer besser. Wir hören nicht auf zu fragen, zu stochern und zu hoffen. Unser Wille zum Fortschritt ist ein Bestandteil dessen, was uns von Tieren unterscheidet. Natürlich ist nicht jeder Mensch unter der Sonne ein Tesla oder eine Curie, aber fast alle von uns verfolgen Ziele und Träume, und Fortschritt, sei er auch noch so klein und nur für uns selbst, ist unser Weg dort hin. Und genau diesen Titel trägt auch unser Thema der Woche, mit den passenden Filmen der Woche auf Videopostkarten.de.

 

Fortschritt – ein Grundbestreben des Menschen

Fortschritt zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte – mal langsam, mal schnell. Mal im Kleinen, mal im Großen. So verbreiteten sich die ersten Menschen von Afrika aus mit der unglaublichen Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Leben. Denn damals musste ja die ganze Gruppe mit und Transportmöglichkeiten gab es so gut wie keine. Außerdem war man auf gute Unterschlüpfe und Jagdgründe angewiesen, denn bis der Mensch Hütten bauen und den Ackerbau für sich entdeckte, sollte es noch ein bisschen dauern.

Ist Fortschritt heutzutage ein Begriff, der sich auf jegliche Verbesserung eines bestehenden Zustandes bezieht, so war diese Idee lange Zeit mit der tatsächlichen Fortbewegung verbunden: Der Mensch, der sich auf der Erde ausbreitet, die Eroberung fremder Länder, eine beschleunigte Fortbewegung an Land, Fortbewegung in anderen Elementen, Schifffahrten ins Ungewisse des Ozeans und schließlich Entdeckerreisen ins All. Aus den Geisteswissenschaften haben wir dafür die Bezeichnung „pushing the frontier“. Diese Bezeichnung war besonders bedeutsam, während die ersten Siedler Nordamerikas sich zäh von Ostküste zu Westküste kämpften und bekam neuen Glanz, als erste Erfolge in der Raumfahrt verzeichnet wurden. Doch lässt sich dieses Konzept auch wunderbar auf alle anderen Weisen anwenden, in denen der Mensch Grenzen verschiebt – durch Fortschritt.

Nach vorne! Aber wohin?

Fortschritte, die als besonders prägend für die Menschheit gelten, sind, wenn wir ganz weit in der Zeit zurück gehen, die Entdeckung des Werkzeuges durch Primaten, der aufrechte Gang und dann, als die Evolution schließlich den Homo sapiens sapiens hervorbrachte, das sesshaft Werden und damit verbunden das Domestizieren von Tieren und der Ackerbau. Zu den nicht allzu weit entfernten Schritten, die die Menschheit vorwärts brachten, zählen die Entdeckung, dass die Erde rund ist und Planten um die Sonne kreisen. Noch jüngeren Datums sind die Erfindung von Antiseptika, des elektrischen Stroms, des Fließbands und des Internets – um nur einen Bruchteil der Schritte zu nennen, die einzelne Menschen gingen, um den Weg für den Rest der Menschheit zu ebnen.

Und jetzt, nachdem ich Fortschritt vier Abschnitte lang angepriesen habe, wird es Zeit für ein „Aber“. Marie Curie starb an der Radioaktivität, an der sie forschte; Luftfahrtpionier Otto Lilienthal verunglückte tödlich mit einem seiner Flugapparate. Und diese beiden sind nicht die einzigen Lebewesen, die für den Fortschritt ihr Leben ließen. Fortschritt bringt uns weiter, ABER ein Schritt nach vorne ist auch immer ein Schritt ins Ungewisse. Das macht viele Leute, die mit der Möglichkeit des Fortschritts konfrontiert werden, skeptisch und sorgt dafür, dass gelebter Fortschritt auch Ablehnung begegnet. Bei jeder Möglichkeit einen Fortschritt zu machen, muss abgewägt werden: Welche Risiken gibt es und welche Chancen stehen diesen Risiken entgegen? Ist diese Art des Fortschritts moralisch und ethisch verantwortlich? Langzeitrisiken sind oft nicht abwägbar und immer gibt es Menschen, die mit der Entscheidung über tun oder lassen nicht einverstanden sind. Eines der jüngsten Beispiele dafür ist das Referendum über den Brexit. Kann die Entscheidung der Briten als Fortschritt oder als Rückschritt gewertet werden? Und für wen überhaupt?

Das Beispiel des Brexits zeigt auch, dass unter Fortschritt verschiedene Dinge verstanden werden können und jede Bewegung – in welche Richtung auch immer, nicht nur Vorteile oder nur Nachteile für alle Beteiligten birgt. Letzten Endes bleibt es fraglich, ob es so etwas wie Fortschritt (oder Rückschritt) überhaupt gibt. Sind diese Begriffe nicht eigentlich nur abstrakte Konzepte mithilfe derer wir von Menschenhand geschaffene Veränderungen in gut und schlecht unterteilen wollen? Nehmen wir die menschliche Idee von Fortschritt als Differenzmarker für gut und schlecht an, dann müssen wir auch einsehen, dass in unserer Welt noch sehr vieles sehr verbesserungswürdig ist. Es können noch unzählige gesellschaftliche, zwischenmenschliche, ökologische, wissenschaftliche, politische, usw. Schritte nach vorn (oder zurück?) gemacht werden. Wir haben das Verschieben von Grenzen noch nicht ans Limit gebracht.