06 Mai Muttertag

MuttertagMit dem Muttertag verhält es sich ähnlich wie mit dem Valentinstag. Auf der einen Seite regen wir uns darüber auf, dass dieser kommerzielle Lobtag uns vorgibt, wie wir unseren Müttern dafür danken, dass sie unsere Mütter sind. Auf der anderen Seite wäre es grausam, seiner Mutter am Muttertag keinerlei Aufmerksamkeit zu schenken, wenn wir doch wochenlang daran erinnert wurden, dass wir uns unseren Müttern ab und zu mal erkenntlich zeigen sollen. Ist Muttertag, dann fühlen wir uns verpflichtet, auch etwas für unsere Mütter zu tun und ihnen auf diese Weise zu danken.

Danke, wofür?

Wir haben also, wie jeder andere auch, Blümchen und Schokolade gekauft und sind auf dem Weg, unseren Müttern einen Pflichtbesuch abzustatten. Richtig Lust haben wir darauf nicht, denn wir könnten unseren Sonntag auch anders verbringen. Und noch bevor wir überhaupt den letzten freien Parkplatz fünf Straßen weiter ergattern, fragen wir uns plötzlich: Wofür soll ich mich eigentlich dankbar erweisen?

Klar, unsere Mütter haben uns neun Monate mit sich ‚rumgeschleppt, Rückenschmerzen und fiese Tritte ertragen. Sie haben uns gefüttert, egal wie sehr wir gespuckt und gestrampelt haben; sie haben uns den Hintern abgewischt (und das machen wir ja nicht mal selber gern) und uns Nachts zurück in den Schlaf gewiegt, nachdem wir sie aus ihrem gerissen hatten. Wir wurden zu Mittagsschläfchen und Hausaufgaben gezwungen, bekamen Fernsehverbot und Hausarrest, wenn wir da ein Wörtchen mitreden wollten, und bis heute erinnern unsere Mütter uns daran uns warm einzupacken und werden nicht müde zu erklären, wie man richtig putzt, wenn sie zu Besuch sind und doch noch ein Melonenkern auf der Anrichte klebt. Das alles, damit aus uns mal was wird, aber nicht, weil wir darum gebeten hätten. Ich glaube nicht daran, dass wir unseren Eltern etwas schulden. Ein Kind zu bekommen und groß zu ziehen ist nicht die Verantwortung des Kindes, sondern seiner Eltern. Und ich finde nicht, dass ein Kind (egal welchen Alters) dafür Danke sagen muss.

Die Wahrheit über den Muttertag

Unsere Konsumgesellschaft vermittelt uns, wir müssten unseren Müttern am Muttertag einen (wohlgemerkt erkauften) Dank erweisen. In Wahrheit ist diese Interpretation des Muttertags aber eine Fehlinterpretation, wenn nicht sogar eine Beleidigung für das, was der Muttertag einmal war. Dieser Tag entspringt der frühen US-amerikanischen Frauenbewegung. 1865 organisierte dort nämlich Ann Maria Reeves Jarvis eine Mütterbewegung unter dem Namen „Mothers Friendships Day“, an dem Mütter sich in organisierten Treffen zu aktuellen Fragen austauschen konnten. Dass im Titel Mütter angesprochen werden, lag daran, dass fast alle Frauen eben das waren: Mütter. Und zwar hauptberuflich. Gleichzeitig bildeten sich in Europa Frauenvereine, die sich für Frauenrechte, mehr Anerkennung für Mütter und bessere Bildungschancen für Mädchen einsetzten.

Die Begründeren des Muttertages, wie wir ihn heute kennen, verdanken wir jedoch Anna Marie Jarvis, die Tochter der Gründerin des „Mothers Friendships Day“, denn sie organisierte an einem Sonntag im Mai 1907 ein „Memorial Mothers Day Meeting“ zu Ehren ihrer Mutter. In den folgenden Jahren beharrte sie am zweiten Maisonntag immer wieder darauf, eine Andacht für alle Mütter zu halten. Sie war es, die die Initiative für die offizielle Einführung dieses Feiertages zu Ehren der Mütter ins Leben rief. Am 8. Mai 1914 erreichte sie dieses Ziel, als der US-Kongress den entsprechenden Beschluss erließ. Seitdem wird am zweiten Sonntag des Mais der Muttertag gefeiert. Die rapide Kommerzialisierung dieses Tages widersprach jedoch dem, was Jarvis vorgeschwebt hatte, als sie die Initiative ihrer Mutter weiter verfolgte und sie wandte sich zunehmend davon ab, bis sie schließlich sogar für die Abschaffung des Feiertages kämpfte.

So weit, so gut. Und was ist mit dem Vatertag?

Nicht, dass (verantwortungsbewusste) Väter keine Würdigung verdienen würden. Das tun sie. Eine Familie zu ernähren, oder entgegen eines veralteten, aber immer noch nicht ausgestorbenen Rollenbildes zu Hause zu bleiben und den Hausmann zu geben – auch das verdient Respekt! Aber leider, leider ist der Vatertag bloß die profitorientierte Antwort der Marktwirtschaft auf den Muttertag, was die ganze Angelegenheit noch fieser macht.
Schließlich sollen wir am Muttertag in seinem ursprünglichen Sinne gar nicht sagen: „Hey, Mami, danke, dass es mich gibt!“ Stattdessen sollen wir anerkennen was Frauen, vor allem in der Rolle der Mutter, leisten und welchen Ungerechtigkeiten sie oft ausgesetzt sind. Und diese Anerkennung zeigt man nicht mit einer Tafel Schokolade oder einem Strauß Blumen. Was wir tun, sollte von Herzen kommen und die Rolle der Frau als Mutter ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen. Wie ihr das anstellt, das müsst ihr euch schon selbst überlegen. Aber für alle, die bis jetzt noch keinen Schimmer haben: Verschickt unsere Videopostkarten (kostenlos, natürlich!) zu diesem Thema, grüßt eure Mütter, oder macht auf die oftmals schwierige Position von Müttern aufmerksam.